Gastgeber: Dr. Bernhard Kromp (Bio Forschung Austria)

Status Quo
Beschaffung der Lebensmittel der öffentlichen Einrichtungen der Stadt Wien (KAV, KWP, MA 10, MA 56) für ca. 100.000 Mahlzeiten täglich von Patienten, Pensionisten, Kindergarten-Kindern und ganztägige SchülerInnen, sowie das jeweilige Personal.

  • Beschaffung umwelt- und klimaschonend produzierter Lebensmittel nach ÖkoKauf-Kriterien und Positionen:
    30% Bio-Anteil (nach Geldwert; verankert im Klimaschutzprogramm der Stadt Wien seit 1999), GVO-frei, <2% Transfettsäure-Anteil, Freiland-Eier, Fische aus umweltschonendem Fang, Hochquellen-Trinkwasser (verbindlich für alle Dienststellen nach Erlass MD aus 03/2013).
  • Bio-Quote von 30% in allen vier Fällen erfüllt, großteils über „weiße Latte“ (Milch, Milchprodukte) und Backwaren, größere Anteile Gemüse und Obst im KWP und KAV. Ausgaben für Bio-Lebensmittel 2012 über 14 Mio €.
  • Vorteile der Lebensmittel-Beschaffung nach ÖkoKauf-Kriterien: 
    Klimaschutz durch Vermeidung von Treibhausgas-Äquivalenten aufgrund Verbot von Stickstoff-Mineraldüngung in Bio-Produktion/Kostenvermeidung z.B. für Grundwasserreinigung, qualitativ hochwertige Lebensmittel für Wiener Bevölkerung, Vorbildwirkung für gesunde Ernährung, Förderung der heimischen (Bio-)Landwirtschaft.
  • Probleme:
    Beschaffung von Bio-LM unter zunehmendem Einsparungsdruck, Einkauf benötigter großer Bio-Mengen aufgrund EU-Wettbewerbsfreiheit und teilweise zu geringem Angebot aus heimischer Produktion von internationalem Markt; dadurch Reduktion der Klimaschutz-Vorteile aufgrund „CO2-Rucksack“ aus Transport.
    Weitere „Klimakiller“ bei Lebensmitteln: Einsatz von vorgefertigten (= Convenience-) und nicht-saisonalen Produkten sowie Fleisch.

Ausgangspunkt der Diskussion

  • Wie kann der erreichte Standard erhalten und ausgebaut werden?
  • Wie könnte der Einkauf entsprechend Saison und Region verstärkt wirksam werden?
  • Welche Voraussetzungen sind für Beschaffer/Einkäufer, Anbieter/Händler und Produzenten der Lebensmittel notwendig?
  • Was wünschen Sie sich für die Weiterentwicklung der Lebensmittel-Beschaffung in Wien?

Handlungen und Lösungsansätze

Bis jetzt erreichter hoher Standard der Lebensmittel-Beschaffung, v.a. die Bio-Quote scheint durch den Einsparungsdruck und weitere Zentralisierung des Einkaufs gefährdet:

  • Die großen Mengen speziell von Bio-Lebensmittel können dann nur mehr über den internationalen Markt beschafft werden, womit der Klimavorteil obsolet wird (lange Transportwege) und die heimische Landwirtschaft benachteiligt wird.
  • Die zumTeil höheren Kosten für Bio-Lebensmittel können ausgeglichen werden durch Einkauf saisonaler Produkte. Der Klimavorteil ist bei Einkauf regional produzierter Lebensmittel gegeben. Ausschreibungs-Kriterien dafür müssen geschaffen bzw. angepasst werden, wobei z.B. auf Elemente des Bundesvergabegesetzes (KMU-freundliche Ausschreibungen nach NUTS 3-Regionen) und Zusatzkriterien (kurze Transportwege) zurückgegriffen werden könnte. Bei Frischeprodukten (Bio-Gemüse, -Obst) sind derartige Auschreibungskriterien besonders schwierig anwendbar, hier können z.B. Rahmenvereinbarungen plus Preisgarantie für regionale Produzenten eingesetzt werden.
  • Im Bereich des KWP konnte die Bio-Quote durch Neuorganisation der Beschaffung z.B. durch Reduktion des Convenience-Anteils und Reduktion des gelisteten Sortiments kostenneutral in 2 Jahren von 17 auf 30% erhöht werden.

Weiterführende Fragestellungen für Wissenschaft, Gesellschaft und Verwaltung

  • Wie kann man Standards (Bio, GVO-Freiheit , <2% Transfettsäuren, Eier aus Freilandhaltung, MSCFische) erhalten und ausbauen? Werden sie wirklich eingehalten- wie könnte man das evaluieren?
  • Welche Voraussetzungen braucht es dazu seitens der Produzenten, der Händler, der Beschaffer und Einkäufer der Stadt Wien Einrichtungen? Wie können deren Bedürfnisse berücksichtigt und erfüllt werden? Wie können die Bedürfnisse der KAV-Beschaffung nach großen Mengen und vorgefertigten Küchenprodukten unter Einhaltung der ÖkoKauf-Standards erfüllt werden?
  • Entwicklung eines Punkte-Bewertungssystems für Ausschreibungen von Lebensmitteln mit dem neben der Bio-Quote auch regionale und saisonale Produkte angerechnet werden können. Einbeziehung und Umsetzung sozial-fairer Beschaffung.
  • Nach Ansicht der DiskutantInnen bedarf es klarer politischer Vorgaben für eine hochqualitative Speisenversorgung der öffentlichen Einrichtungen der Stadt Wien. Nach Erstellung entsprechender Kriterien sollten klare Handlungsanweisungen für die im Beschaffungs- und Einkaufswesen der Stadt Wien tätigen Beamten erlassen werden, nach denen die Umsetzung erfolgen kann.

Netzwerke und Schlüssel-AkteurInnen
Im Bereich KMU-freundliche, regionale Beschaffung sind das Know How und Kooperation mit der BBG sowie den Akteuren des NaBe hilfreich. Schlüssel-AkteurInnen in der Lebensmittel-Beschaffung der Stadt Wien sind die engagierten, gut eingearbeiteten BeschafferInnen und EinkäuferInnen des KAV und KWP. Personalreduktion und Zentralisierung im Bereich des Einkaufs sowie Outsourcing der Speisenbereitung könnte zum Know How-Verlust führen.

Zuletzt geändert: Dienstag, 25. November 2014, 12:54